Hans Woller – Gerd Müller

Hm, eine Fussballer-Biographie. Damit habe ich schlechte (Andrea Pirlo) und ganz unterhaltsame (Lutz Pfannenstiel) Erfahrungen gemacht. Das Buch hier lag bei meinem Opa und nach dem ersten Reinlesen war klar: ok, les ich mal durch. Und ich wurde nicht enttäuscht. Woller hat eine sehr angenehme, flüssige Sprache und transportiert interessanten Inhalt. Episodenhaft erzählt er den Werdegang von einem der unterschäztesten Fussballer aller Zeiten. Pele, Beckenbauer, Beckham etc. kennt jeder, das sind große Namen aber mit Gerd Müller können wenige etwas anfangen, obwohl er (wahrschenlich für immer unerreichbar) mit 365 Toren Rekordtorschütze der Bundesliga ist, er hat so ziemlich in jedem seiner Spiele getroffen. In der Nationalmannschaft hat er mehr Tore geschossen als er Spiele gemacht hat. Solche Quoten kann heutzutage kein deutscher Spieler oder Spieler in der Bundesliga aufweisen. Das Buch erzählt autobiographisch seinen Werdegang, seine verschiedenen Mitspieler, Trainer, seine Stationen nach der aktiven Zeit, auch privates kommt nicht zu kurz. Die Erzählung bleibt dabei immer sehr nah an der Person und versucht Motive, Absichten und auch Probleme zu beleuchten; ich würde sagen es gibt einen realtiv intimen Einblick und man kann vieles nachvollziehen.

Eine weitere und eigentlich noch interessantere Erzählung liefert das Buch im Hinblick auf die „Kommerzialisierung“ des Fussballs von der heute immer wieder die Rede ist. Woller beschreibt hervorragend wie dieser Prozess Mitte der 70er seinen Anfang nahm. Er macht das hauptsächlich am Beispiel des FC Bayern München fest, bei dem Müller einen Großteil seiner Karriere verbracht hat, geht aber auch auf die Begleitumstände ein. Er beleuchtet hierbei die Verflechtungen zwischen Politik und Vereinen, einfach gesagt kann man das mit ‚Popularität für Gefälligkeit‘ zusammenfassen, die Ablösung alter Hierarchien innerhalb der Vereine, das Aufkommen eines neuen Spielertyps (viel selbstbewusster, zielgerichteter aber auch egoistischer) und die wachsende Popularität des Fussballs innerhalb der Gesellschaft. Alles in allem liest sich das sehr spannend und ich denke, daß das Geschriebene sich sehr nah an der Realität halten dürfte. Aber Woller schreibt selbst, daß die Recherche teilweise nicht ganz einfach war, da über einige Sachen besser Stillschweigen bewahrt wird und manche Personen auffällig schweigsam werden wenn es um Themen wie Steuererleichterungen für Vereine etc geht.

Kurzweilige Leseunterhaltung bei der man einiges über die Hintergründe der strukturellen Umbrüche im Profifussball lernen kann und eigentlich nur nebenbei eine Autobiographie von einem Ausnahmefussballer mit einer interessanten Lebensgeschichte. Lesenwert.

Mary Shelley – Frankenstein (Hörbuch)

Vor knapp 3 Monaten wurde ich angesprochen ob ich nicht mal ein Hörbuch machen will. Es hat dann doch etwas gedauert, aber voilá, los gehts.

Teil 1 – Einleitung, Leben von Mary Shelley

Teil 2 – Walton, Erzählstil, Stimmung

Teil 3 – Frankensteins Jugend und wie und warum das Ganze hier 🙂

Teil 4 – Erschaffung der Kreatur, zentrales Motiv wird erklärt

Teil 5 – Nach der Schöpfung, Tod seines Bruders

Teil 6 – Begegnung Frankensteins mit seinem Geschöpf, Geschichte der Kreatur


Teil 7 – Poesie, zweite Begungung

Teil 8 – Abschluß von Frankensteins Erzählung

Teil 9 – Abschluss der Geschichte, Nachbetrachtungen

Teil 10 – Nachbesprechung mit Gästen

Benjamin Maack – Wenn das noch geht kann es so schlimm nicht sein

Harter Stoff, würde ich nicht empfehlen zu lesen. Außer man möchte sich mal ungefähr ein Bild davon machen was es heißt mit einer Depression zu leben. Insofern ist es auch ein wichtiges Buch, bzw. würde ich sogar sagen, daß es für Menschen die diese Krankheit haben sogar ein lebensrettendes Buch sein kann.

Die Krankheit Depression oder ihre Abwandlungen wie bipolare Störung fristen in der Aufmerksamkeit der allgemeinen Bevölkerung ein Nischendasein, da wird dann gern zu Platzhaltern wie „Reiß dich mal zusammen.“ oder „Komm schon, so schlimm ist es nun auch nicht.“ gegriffen. Für mich selbst würde ich zumindest in Anspruch nehmen jahrelang mit einer milden Form dieser Krankheit gelebt zu haben und ich kann nur jedem empfehlen, der so etwas in sich spürt, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, es nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, seinen Stolz und die Vorurteile zu überwinden. Psychische Krankheiten sind keine Hirngespinste sondern real, mindern die Lebensfreude (auch die von Angehörigen und Freunden) und sind potentiell lebensgefährlich. Und Durchhalteparolen, schöne-Welt-Lebensratgeber sind nicht die Lösung, sie können höchstens unterstützen.

Benjamin Maack hat das alles durch, das komplette Programm, Suizidgedanken, kein Glücksempfinden, Klinikaufenthalte etc. Und er beschreibt es in diesem Buch schonungslos, tagebuchartig, seine alltäglichen Eindrücke und Gedanken, seinen ständigen Kampf gegen sich selbst, geprägt von kurzen Glücksmomenten und ständigen Rückfällen. Die Lektüre ist schwer zu ertragen, ich habe auch viele Seiten übersprungen. Genauer gesagt habe ich nach 2, 3 Seiten zum Ende vorgeblättert. Denn erst dort beschreibt er, wie er den Kampf gewinnt und ein positives Lebensgefühl entwickelt. Ob das anhält, darüber ist er sich selbst nicht sicher. Er klingt zuversichtlich, ob es alles so seine Richtigkeit hat ist eine Frage mit dem er den Leser zurücklässt.

Hendrik Otremba – Kachelbads Erbe

Nach seinem Erstling „Über uns der Schaum“ das zweite Werk vom jungen Künstler Hendrik Otremba und ich bin etwas enttäuscht, aber das liegt hauptsächlich an meiner Erwartungshaltung aus dem Vorgänger. Im Gegensatz zu seiner poetischen, melancholischen Neo-Noir-Detektivgeschichte ist das hier ein ausgewachsener Roman, dem leider die künstlerische Leichtigkeit und etwas der Tiefgang fehlt. Trotzdem ist es ein gut geschriebener, lesenswerter Roman.

Die Geschichte ist dabei interessant und jederzeit spannend erzählt, Thematik ist des Einfrieren von Menschen in der Hoffnung, daß irgendwann der wissenschaftliche Fortschritt ein Wiederbeleben ermöglicht und die Person später weiterleben kann und als letzter Schritt eventuell sogar Unsterblichkeit stehen kann. Die Motive der Protagonisten im Buch sind unterschiedlich, schwere Krankheit, nicht mehr im Hier leben wollen, Neugierde.

Hauptprotagonist und zentraler Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist Kachelbad, ein Wissenschaftler der solche Einfrierungen durchführt. Wir begleiten ihn bei Begegnungen mit anderen Charakteren, hauptsächlich mit seinen „Kunden“, deren Geschichten in Seitensträngen erzählt werden, es gibt also häufige Perspektivwechsel und das hält die Story stets spannend. Allerdings fühlen sich die letzten 50 Seiten vollkommen deplaziert im Bezug zur Hauptstory an, mir ist das ein zu großer Sprung und der trägt zu meiner Enttäuschung bei.

Sprachlich ist der Roman wesentlich mehr straight forward als „Über uns der Schaum“, es gibt Poesie aber hauptsächlich wird eine Geschichte erzählt. Die Stimmung die sich beim Lesen einstellt ist ebenso geglätter, das düster melancholische weicht einer emotional ausgeglicheneren Resonanz. Durch diese beiden Faktoren verliert der Roman allerdings Tiefe und emotionale Bindung, driftet Richtung Beliebigkeit und zielt auf Lesbarkeit für eine größeres Publikum. Das finde ich auch nicht schlecht und vollkommen elgitim, schliesslich ist es trotzdem ein gutes Buch, aber richtig gefangen genommen hat es mich nicht.

Alles in allem, wenn man einen sauber geschriebenen Roman der sich bisschen Abseits der Norm bewegt, von einem zeitgenössischen jungen Schriftsteller, lesen will kann man hier bedenkenlos zugreifen. Gutes Buch.

Daniel Ketteler – Grauzone

Bin ich zwiegespalten, habs auch nur bis zur Hälfte geschafft, danach war es mir schlicht und einfach zu uninteressant.

Wenn ich den Inhalt und Stil in 2 Worten hart zusammenfassen müsste würde ich sagen, das ist misanthropes Geschwurbel. Ich hab jetzt prinzipiell erstmal nichts dagegen wenn Protagonisten, Antagonisten oder sonstige Personen in Geschichten als feindselige, dumme, arrogante Charaktere gezeichnet werden und das Ganze stilistisch auch auf eine direkte Art rübergebracht wird, eher im Gegenteil. Und gegen Poesie, mäandernde Sätze, Mehrdeutigkeiten, unklare Sprache habe ich auch nichts, darin zeigt sich ja auch die eigentlich Kunst. Aber in dem Fall hier passt es irgendwie einfach nicht, zumal die Story auch undurchsichtig ist, aber wie gesagt, beendet hab ichs nicht.

Also wer sich mal auf was abgefahrenes einlassen will, los gehts, aber letztlich ist das ein Hass-Liebe, ein Entweder-Oder-Buch.

Arthur Schnitzler – Traumnovelle

Nach Stefan Zweigs Schachnovelle hab ich noch dieses kleine Büchlein im Schrank gefunden. Ebenfalls eine Novelle, sogar mit Namen im Titel, ist es zwar thematisch gesehen ein anderes Werk aber von der Form her ebenso wie Zweigs Werk eine etwas längere, abgeschlossene Kurzgeschichte die sich um ein, zwei Themen zentriert.

Waren das bei Zweig die Auswirkung der Isolationshaft und die Ggenüberstellung von 2 charakterlich verschiedenen Schachspielern, ist es bei Schnitzler die Erzählung von einem Ehepaar und einem Ausbruchsversuchs des Mannes aus dieser für ihn langweilig gewordenen Beziehung. Er flüchtet sich dabei innerhalb einer Nacht in mehrere erotisch angehauchte Situation, von harmlos bis hin zu (wie sich später herausstellt) hochgefährlich. Als er wieder nach Hause kommt erzählt ihm seine frau von einem Traum in der sie ihn im Stich gelassen hat und damit ist seine Entscheidung klar: er will das abenteurliche Nachtleben fortsetzen und Frau und Kind sollen sehen wo sie bleiben. Wie das ausgeht verate ich nicht, aber das Ende macht diese Novelle zu einer herausragenden Liebesgeschichte.

Schnitzler hat einen Ruf als psychologischer Schreiber, es dreht sich viel um Gefühle, Ängste, Begierden. In diesem Fall tut das dem Lesefluss und der Spannung keinen Abruch, es sorgt dafür, daß die Figuren in kürzester Zeit auch Tiefe gewinnen.

Absolut lesenswert.

Annie Ernaux – Die Jahre

Beim Aufräumen nach der Geburtstagsfeier bin ich dann auch mal zum Geschenke auspacken gekommen und dieses unscheibare Buch war dabei. Annie wer? Rückentext gelesen, hm, klingt jetzt nur semi-spannend. Ich les erstmal die Schachnovelle und leg das mal auf den Haufen zu den anderen noch zu lesenden. Naja gut, paar Tage später war es dann dran und dieses Buch ist der Hammer, vor Hammett und Otremba mein Buch des Jahres.

Annie Ernaux ist 1940 in der französichen Provinz geboren, später Zeit in Paris verbracht, geheiratet, Kinder, als Lehrerin gearbeitet, absolut unspektakuläres Leben und das Buch ist mehr oder weniger eine Autobiographie. Kein Lebensbericht von einer bekannten Schauspielerin, Schriftstellerin, Sportlerin oder sonst irgendwie bekannten Person, sondern eine Erzählung des Lebenswegs einer Person aus der Mitte der Gesellschaft. (kleine Bemerkung nebenbei: Annie Ernaux ist natürlich schon bekannt und als Schriftstellerin angesehen, vor allem in Frankreich kann man mit dem Namen was anfangen.) Da enstand bei mir beim Lesen eine gewisse Verbundenheit, vieles was sie schreibt kann man nachvollziehen und es könnten abstrakt gesehen auch Gedanken, Erfahrungen aus meinem Umkreis sein.

Inhaltlich schreibt sie viel über ihre Gedanken zum Lauf der Welt, dazu noch Emotionales und sie nimmt den leser dabei immer wieder kurz an die Hand in welchem jahr er sich befindet und was mit ihr zu dem Zeitpunkt los war. Im Großen und Ganzen ist es ein politisches Buch, eine soziologische Analyse der Gesellschaft aus linksintellektueller Sicht, dabei niemals plakativ oder anklagend, aber trotzdem natürlich kritisch mit der Weltentwicklung ins Gericht gehend. Mir kam beim Lesen mehrmals die Parallele zu Didier Eribons „Rückkehr nach Reims“ (auch ein sehr gutes Buch) auf, thematisch gibts da viel Schnittmenge, aber Eribon ist halt Soziologe und deshalb teilweise sehr zäh zu lesen. Ernaux hat einen so schnörkellosen, dabei präzisen, leicht poetischen, aber keinen abgeschwurbelten Schreibstil – es ist eine Pracht.

Thematisch haben mir ihre Berichte über die 90er am besten gefallen, Niedergang der Sozialdemokratie, Technologiesierung, Durchkapitalisierung der Welt. Alles auch meine Themen und eigentlich würd ich alles teilen was sie schreibt. Aber auch ihre Berichte aus den 60ern und 70ern sind schwer interessant, diese Zeiten haben für mich immer so etwas mythisches, Zerstörung von verkrusteten weltkriegsprovozierenden Strukturen durch linke Studenten, durch friedliebende Menschen (fällt mir grad Hunter S. Thompson ein der über die Hippebewegung in den USA geschrieben hat) die den Moment der Geschichte einfach auf ihrer Seite hatte.

Und noch etwas hat das Buch in mir wiedererweckt: das Bedürfnis mit meinen Großeltern zu reden und das Ganze auch irgendwie aufzuzeichnen. Geschichte kann man sich aus Büchern oder Wikipedia zusammenreimen, erleben muss man sie selber und Menschen aus anderen Generationen haben sie erlebt und können darüber berichten. Meine Großeltern sind alle Mitte ’30 geboren und mich interesiert schon wie das damals gewesen ist, mit dem ende des Krieges, mit den Russen, der DDR, der Wiedervereinigung und wie sich die Transition nach der Wende für sie angefühlt hat. Zeitzeugenberichte sind schwer zu ersetzen und Fakt ist, daß sie irgendwann nicht mehr live erfahrbar sind.

Also kurzum, das Buch triggert in mir einiges an den genau richtigen Stellen, inhaltlich top, von Anspruch her ausgezeichnet, sprachlich ganz groß, inspirativ, bzw hinterfragt man sich auch selbst gern mal beim Lesen, es hat keinen Durchhänger, lässt einen emotional bischen kalt aber den Anspruch würde ich an kein Sachbuch anlegen. Ich bin begeistert von diesem Buch.

Peter Handke – Die Angst des Torwarts beim Elfmeter

Peter Handke hat dieses Jahr den Lieraturnobelpreis bekommen und es gab eine Riesenkontroverse wegen seiner Unterstützung oder zumindest Gutheißung der serbischen Verbrechen in den 90ern. Meine Meinung dazu ist relativ klar, wer Mörder wie Karadzic oder Milosevic zumindest ok findet ist für mich als Mensch ein Dummkopf und Idiot. Kein Aber, keine Relativierung. Und jetzt ist natürlich die Frage wie man mit der Literatur von so jemandem umgeht und da denke ich man muss das schon trennen. Auch ein Idiot kann ja gute Werke schaffen.

Ich hab nur ein Buch von Handke in meinem Regal und hab das an der Stelle mal rausgekramt. „Die Angst des Torwart beim Elfmeter“ ist eines der bekannteren Werke von Handke und ich muss sagen, das ist schon ein gutes Stück Literatur. Anstrengend zu lesen, teilweise sehr zäh, da Handke keine Kapitel oder Absätze benutzt, es ist nur Fließtext. Und der Protagonist ist ein Unsympath, es findet keine Identifikation statt. Mir ist auch nicht klar welche Moral die Geschichte vermitteln soll, es läßt einen ratlos zurück. Trotzdem war ich am Ende froh es gelesen zu haben, nicht nur weil ich das Gefühl hatte ein Buch mal „durchgearbeitet“ zu haben, sondern weil Handke es durch die Sprache schafft eine gewisse Intensität und auch Emotionen zu erzeugen. Er zieht einen da schon rein wenn man die ersten 20 Seiten schafft zumindest. Also mit ner Empfehlung würd ich mich schwer tun, aber für Literaturinteressierte ist das auf alle Fälle was.

Ich kenne seine anderen Werke nicht aber wenn ich von dem einen Buch hier urteilen müssten ist der Nobelpreis zumindest nicht unverdient. Dazu kommt, daß Handke über die Jahre einen unglaublichen Output produziert hat und vermutlich im nicht-0815-Literaturbetrieb ein ordentliches Standing hat. Und das das Nobelkomitee gern mal kontroverse Entscheidungen trifft (*Friedensnobelpreis für die EU*) wissen wir ja.

Stefan Zweig – Schachnovelle

Klassiker der deutschsprachigen Literatur und ein relativ unspektakuläres, kurzes, nicht allzu intensives Werk – ich denke mal das hat das Genre der Novelle so an sich.

Inhaltlich werden 2 Thematiken angesprochen: die Auswirkungen von Isolationshaft und die (sportliche) Konfrontation zweier diametraler Charaktere.

Das reisst einen nicht mit, geschweige denn verstört einen, sondern ist einfach eine schön geschriebene Geschichte. Lesenswert.

Hendrik Otremba – Über uns der Schaum

Sehr gutes Buch, neben Dashielle Hammett ist das meine Entdeckung des Jahres. Die beiden liegen zwar um die hundert Jahre auseinander, bedienen aber das gleiche Genre – den Detektivroman. Mit ein bischen Schmunzeln könnte man sagen, das Otremba der poetisch und düster, aber nicht so sehr zum zynischen angehauchte Urenkel von Hammett ist. Das Setting könnte auch unterschiedlicher nicht sein, Hammett mit seinen Szenen in der Großstadt, Otremba läßt seinen Protagonisten durch eine postapokalyptische Welt geistern. Nichtsdestotrotz sind die Hauptdarsteller Detektive die einen Fall zu lösen haben und noch weitere Parallelen sodaß der Vergleich nicht unbedingt hinkt.

Otrembas Sprache ist poetisch, direkt, melancholisch, manchmal brutal (auch wenn das nie an zB einen Richard Morgan ranreicht) und er schafft es viel Information zB hinsichtlich worldbuilding gekonnt zu vermitteln. Teilweise ist es bischen zu verschwurbelt, aber wird nie so abgedreht wie bei Pynchon oder Joyce. Auch storytechnisch kommt er mir zu häufig auf auf die verlorene Liebe des Protagonisten zurück – das nervt auf der einen Seite, arbeitet anderseits aber sehr schön die Verzweiflung und die Sehnsucht heraus. Überhaupt gibt es viel Introspektion, der Hauptcharakter wird wundervoll skizziert.

Storytechnisch ist es eine Mischung aus Detektivroman und roadmovie, da der Protagonist und die Frau die er beschatten soll irgendwann zusammen vor mehreren Verfolgern fliehen müssen, es floss etwas zu viel Blut… Die Flucht geht durch eine verwüstete, verlassene, teilweise verseuchte Landschaft, die Hintergründe der Verwüstung als auch die zeitliche Einordnung fehlt komplett, tut der Atmosphäre aber keinen Abbruch, gedanklich findet man sich schnell zurecht.

Hendrik Otremba ist ein junger deutscher Künstler, Sänger der Postpunker von „Messer“, Maler und jetzt auch Schriftsteller, vielseitig könnte man sagen und gespannt sein was da noch so alles folgt.